HIFI-GESCHICHTE(N)
stationäre Deck, und der erste Auto-Receiver
mit MD-Player kostet ebenso viel. Der Com-
pact Cassette war die MD aber immerhin
schon klanglich überlegen. Dennoch werden
1994 ganze 40 000 MD-Recorder in Deutsch-
land verkauft - und über eine Million analoge
Cassettendecks. Bei Preisen von 20 Mark für
eine MD ist das auch kein Wunder. Erst 1995
können wir grünes Licht für MiniDisc geben:
Mit der dritten ATRAC-Generation schafft
Sony den Durchbruch. Im August ‘95 meldet
STEREO nach dem Test des MDS-JA 3: „Mi-
niDisc jetzt auf DAT-Niveau“. 1996 kommen
dann auch andere Anbieter wie Kenwood mit
MD-Decks, der Preis für die Leerscheibe sinkt
auf zehn Mark, und schließlich bietet Sony
ein MD-Deck für sensationelle 600 Mark an:
Damit ist der Durchbruch geschafft. DCC-
Decks, die ebenfalls bei rund 600 Mark liegen,
haben dagegen keine Chance-das DCC-Sys-
tem verabschiedet sich langsam, aber unauf-
haltsam vom Markt.
Diese Niederlage lässt Philips natürlich
nicht auf sich sitzen und entwickelt nun mit
Macht an der bespielbaren CD weiter. In der
Profi-Szene wurden schon Anfang der Neun-
ziger die ersten CD-Recorder eingesetzt, aber
sie kannten nur die „Write Once“-Scheibe,
und sie kosteten weit über 10.000 Mark. Da-
mals war man fest überzeugt, dass die CD
löschbar sein musste, wenn sie als Massenme-
dium Erfolg haben sollte. Und so dümpelte
das System dahin, selbst als Sony und Philips
1993 das „Orange Book“ auch für Consumer-
Recorder
freiga-
ben. Die Musikindus-
trie
hatte
diesen
Schritt
lange
Zeit
blockiert
und
schließlich durchge-
setzt, dass die End-
verbraucher-Geräte
nur Rohlinge mit ei-
ner speziellen Ken-
nung bespielen dürfen. Kenwood, Marantz,
Pioneer und Yamaha brachten HiFi-CD-Re-
corder auf den Markt, doch erst Ende 1995
kommt Pioneer mit einem bezahlbaren
Gerät: dem PDR-05 für 2500 Mark. Aber
selbst als der Preis auf 1500 Mark sinkt, bleibt
der CD-Recorder ein Nischenprodukt. Der
Durchbruch kündigt sich erst auf der 97er
IFA an: Philips hat die löschbare CD-RW mit
Phase-Change-Technik serienreif. Zwar hat
man auf die volle Kompatibilität zu her-
kömmlichen CD-Playern verzichtet, weil
sonst die Rohling-Fierstellung zu aufwändig
geworden wäre, aber immerhin laufen die
selbst bespielten Scheiben auf neuen Playern
mit empfindlicherer Leseelektronik. Ein wei-
teres Problem des Phase-Change-Verfahrens
war anfangs gewesen, dass die Scheiben nur
rund zehn Mal gelöscht und neu bespielt wer-
den konnten - auch das ist jetzt gelöst. Und
weil der Philips-Recorder mit 1300 Mark
auch noch erschwinglich ist, zeigt die Erfolgs-
kurve des neuen Systems rasch nach oben.
Nur eines trübt das harmonische Bild: Zum
Philips-Konzern gehört immer noch die Mu-
siktochter Polygram, und die fürchtet natür-
lich das CD-Recording wie der Teufel das
Weihwasser - mehr als alle bisherigen Auf-
nahmesysteme. Zwei Seelen kann man auf
Dauer nicht in einer Brust haben, dachte sich
Philips, und verkaufte die nörgelnde Tochter
kurzerhand an den kanadischen Seagram-
Konzern.
Nun geht alles ganz schnell. 1998 kosten
CD-Rohlinge nur noch acht Mark, CD-RWs
25 Mark und der neueste Philips-Recorder
800 Mark. Zur 99er IFA bringen fast alle Her-
steller Audio-CD-Recorder - nur Sony und
Panasonic folgen erst später. Doch schon bald
spricht sich herum, dass das CD-Kopieren am
PC viel komfortabler, schneller und billiger
geht. Auch STEREO begleitet diesen Trend
DAMALS VAR MAN FEST ÜBERZEUGT, OASS OIE
CD LÖSCHBAR SEIN MUSSTE, VENN SIE ALS
MASSENMEDIUM ERFOLG HABEN SOLLTE.
UNO SO DÜMPELTE DAS SYSTEM DAHIN.
MOTHER'S LITTLEHELPER
1993 stellte Axel Hucht seinen ersten Kopier-
schutzkiller vor-heute dürfen die kleinen
Helfer nicht mehr verkauft werden
Kleines Bit, große Wirkung: Seit 1989 sind
digitale Tonträger mit dem „Copy Bit" gekenn-
zeichnet. Es gibt an, ob es sich um ein Original
oder um eine digitale Kopie handelt, und wird
zusammen mit dem digitalen Audiosignal zum
aufnehmenden Gerät übertragen. Erkennt der
Recorder, dass es sich um bereits kopiertes
Material handelt, verweigert er die
Aufnahme. Um das zu verhindern
entwickelte Axel Hucht sein
Copyknacker: Sie fischen
aus dem Datenstrom das
Copy-Bit heraus und
ändern
es
auf
„Kopieren
er-
laubt". Bislang war das durchaus legal - doch
das neue deutsche Urheberrecht, das seit
einigen Monaten in Kraft ist, stellt nun das
„Um gehen tech n isch er Kop ierschutzm aß-
nahmen" unter Strafe. Über den analogen
Umweg darf aber weiter zu privaten
Zw ecken kopiert werden.
Aus und vorbei: Die Hucht-Prozessoren
dürfen nicht mehr verkauft werden
16
30 JAHRE STEREO